Erhöhung der EZB-Leitzins
Die Erhöhung des Leitzinssatzes seitens der Europäischen Zentralbank wirkt sich auch auf die Kredit- und Guthabenzinsen in Deutschland aus. Am 16. März 2023 hatte der Rat der EZB eine weitere Zinserhöhung durchgesetzt, die dazu führte, dass die Leitzinsen um 0,5 Prozentpunkte stiegen.
So liegt der ausschlaggebende Leitzins aktuell bei 3,5 Prozent im Euroraum und soll Anfang Mai erneut auf 3,75 Prozent erhöht werden. Dies ist in Anbetracht der jahrelangen Nullzinsphase eine bemerkenswerte Entwicklung. Da die EZB den Leitzins für den Euroraum setzt, hat ihre Entscheidung sowohl Auswirkungen auf das Zinsniveau in Österreich als auch im Nachbarland Deutschland: Konsum Kredite und Baufinanzierungen werden merklich teurer.
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Ist jetzt der richtige Zeitpunkt für den Kauf einer Immobilie?
Wer mit dem Kauf einer Immobilie liebäugelt, gerät möglicherweise in Anbetracht der aktuellen Zinsentwicklungen in Europa ins Zweifeln. Jedoch gibt es auch noch andere Faktoren, die man bei der Kaufentscheidung, wie beispielweise die Immobilienpreisentwicklung, beachten sollte. Geschäftsführer Stephan Scharfenorth von Baufi24 äußert sich zur Frage nach dem richtigen Zeitpunkt wie folgt: "Die Entscheidung über den richtigen Zeitpunkt für den Kauf einer Immobilie, hängt davon ab, ob man als Investor oder Eigennutzer agiert".
Als Investor spekuliert man auf zukünftige Preissteigerungen und Marktentwicklungen und somit auf eine zukünftige Rendite, wohingegen Eigennutzer diesen Aspekt eher weniger betrachten. Für sie ist vor allem wichtig, dass die Immobilie den persönlichen Bedürfnissen entspricht.
Dies sind daher zwei vollkommen unterschiedliche Perspektiven auf den Erwerb einer Immobilie. Wer darauf spekuliert, mit einem Objekt hohe Renditen einzufahren, sollte stärker mit den aktuellen Kredit- und Bauzinsentwicklungen sowie der Immobilienpreisentwicklungen beschäftigen. Menschen, die selbst in der Immobilie wohnen möchten, sollten hingegen stärker auf biografische und familiäre Bedürfnisse achten.
Aktuelle Bauzinsentwicklungen
Die Bauzinsen haben sich Mitte April 2023 bei ca. 4 Prozent und höher eingependelt, was im Vergleich zur Bankenkrise Mitte März ein deutlicher Rückgang ist. Allerdings ist zu beachten, dass die Zinskurve invers verläuft. Normalerweise ist der 5-Jahres-Zins niedriger als der 10-Jahres-Zins.
Insgesamt sind Baukredite aufgrund des deutlichen Anstiegs der Zinsen in der ersten Jahreshälfte 2022 derzeit so teuer wie seit den letzten zehn Jahren nicht mehr. Trotzdem ist ein Zinssatz von knapp 4 Prozent immer noch weit entfernt von den historischen Höchstsätzen und sollte langfristig betrachtet als moderat angesehen werden. Selbst mit Einberechnung der aktuellen Zinserhöhungen befinden wir uns derzeit auf einem Bauzinsniveau, das ungefähr dem des Jahres 2012 entspricht.
Was die Baufinanzierung betrifft, hatten die Zinserhöhungen im aktuellen und vergangen Jahr vor allem Auswirkungen auf Baufinanzierungen und Wohnkredite, wodurch die monatlichen Kreditraten im vergangenen Jahr deutlich angestiegen sind. Vor allem bestehende variable Kredite ohne Zinsabsicherungen waren davon betroffen.
Für Verbraucher in Österreich, die in den nächsten Monaten eine Baufinanzierung beantragen möchten, gibt es jedoch eine gute Nachricht: Baufinanzierungen können mit einer Fixzinsbindung von bis zu 25 oder 30 Jahren abgeschlossen werden. Mit sehr geringen Aufschlägen können Kredite für Wohnung oder Haus zu vergleichsweisen günstigen Konditionen über die gesamte Finanzierungsperiode abgeschlossen werden und bieten eine optimale Absicherung für die eigenen vier Wände.
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Profiteure des erhöhten Guthabenzinses
Doch die aktuellen Zinserhöhungen haben definitiv auch eine gute Seite. Da auch die Guthabenzinsen gestiegen sind, können insbesondere Sparer, die ihr Geld auf Tagesgeld oder Festgeldkonten parken, profitieren. Bis zu 3,6 % Zinsen können Sparer pro Jahr derzeit erwirtschaften, wenn sie ihr Geld auf einem dreijährigen Festgeldkonto parken.
Angesichts der Negativzinsen aus der Vergangenheit werden sich hier einige Sparer freuen. Sparbuch- oder Girokonto-Sparer merken allerdings oft kaum etwas von den vielversprechenden Zinserhöhungen. Hier lohnt sich gegebenenfalls ein Wechsel der Bank. Zu beachten ist jedoch auch, dass selbst die erhöhten Zinssätze nicht die Inflationsrate kompensieren können. Wer langfristig gegen die Inflation ankommen möchte, sollte sich daher überlegen, sein Geld in Anlagen mit höheren Renditeerwartungen zu investieren.
Und wie sieht es in Zukunft aus?
Die Zukunft in Sachen Zinsen vorherzusagen ist schwierig bis unmöglich. Langfristige Prognosen über Zinsentwicklungen, die beispielsweise die nächsten 10 bis 20 Jahre betreffen, sind äußerst spekulativ und im Grunde unseriös. Die Kapitalmärkte sind viel zu volatil und unvorhersehbare Ereignisse wie die beispielsweise die Corona-Pandemie können Prognosen von einem Tag auf den anderen komplett widerlegen.
Immobilienpreisentwicklungen in Österreich und im Nachbarland Deutschland
Wer mit dem Kauf einer Immobilie liebäugelt, sollte natürlich nicht nur die aktuellen Zinsentwicklungen, sondern auch die Immobilienpreise miteinkalkulieren. Die Immobilienpreise sind auch im Jahr 2022 in Österreich weiter gestiegen, sowohl in städtischen Ballungszentren wie Wien, als auch in ländlichen Gebieten. Jedoch hat sich die Geschwindigkeit des Preisanstiegs in der zweiten Jahreshälfte etwas verlangsamt und dieser Trend wird sich voraussichtlich auch im Jahr 2023 fortsetzen.
Dies deutet darauf hin, dass die Nachfrage nachlässt, was Immobilienmakler bereits seit einigen Monaten beobachten. Die Inflation, höhere Zinsen und strengere Kreditanforderungen begrenzen insbesondere die Finanzierungsmöglichkeiten für Kaufinteressenten mit geringerem Budget. Infolgedessen sind vor allem Immobilien in unattraktiven Lagen und solche mit schlechter Energiebilanz von einem Rückgang der Nachfrage und stagnierenden oder sinkenden Preisen betroffen.
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Jedoch muss man beachten, dass sich die Immobilienpreise grundsätzlich nach wie vor auf einem hohen Niveau befinden. Auch gilt es zwischen Neubau und Bestandsimmobilien zu differenzieren: Vor allem im Bereich des Neubaus ist momentan keine Preisminderung in Sicht.
Dies liegt vor allem an den hohen Rohstoffpreisen, den Schwierigkeiten in den Lieferketten und dem Mangel an qualifizierten Fachkräften. Darüber hinaus wurden seit dem 1. Januar 2023 die Anforderungen an die Klimaneutralität von Neubauten noch weiter verschärft. Hinzu kommt, dass der Standard ab dem Jahr 2025 erneut erhöht werden soll. All diese Faktoren treiben die Preise nach oben.
Fazit
Das Zinsniveau tendiert also zum Steigen, wohingegen die Immobilienpreise stagnieren oder sogar leicht sinken. Doch neben eben den aktuellen Entwicklungen der Zinsen und Immobilienpreise gibt es auch einige individuelle Faktoren, die man bei der Kaufentscheidung berücksichtigen sollte. Dazu zählen die persönliche, finanzielle Situation und zukünftige Lebenspläne.
Sicherlich ist aber auch die Entwicklung der Marktbedingungen ausschlaggebend. Was man aus den aktuellen Entwicklungen für Konsequenzen zieht, ist letztendlich eine persönliche Entscheidung, die man sich definitiv gut überlegen sollte.
Mehr Informationen: Immobilienpreise